WAS TUN IM VERDACHTSFALL?

Wenn Sie im Umgang mit einem*einer Ihnen anvertrauten Jugendlichen Veränderungen und Unsicherheiten erleben, die den Verdacht auf häusliche Gewalt nahe legen (z. B. häufiges Fehlen, Gewichtsverlust, Konzentrationsschwäche, blaue Flecken, Teilnahmslosigkeit, Schreckhaftigkeit …), kann es hilfreich und entlastend sein, sich mit einer spezialisierten Einrichtung auszutauschen. Die Kinder- und Jugendanwaltschaft Oberösterreich und das Gewaltschutzzentrum Oberösterreich beraten kostenlos und vertraulich.

Folgende Punkte sollen eine erste Hilfestellung bieten:

  • Bewahren Sie Ruhe, überhastetes Eingreifen schadet nur.
  • Holen Sie für sich selbst Unterstützung! Besprechen und dokumentieren Sie Ihre Wahrnehmung(en) mit einem Kollegen*einer Kollegin und der Leitung. Wenn möglich, nehmen Sie Supervision in Anspruch. Holen Sie sich Beratung bei Facheinrichtungen.
  • Versuchen Sie soweit es geht die Normalität aufrecht zu erhalten und den Alltag des Kindes so alltäglich und vorhersehbar wie möglich zu gestalten. Vorhersagbarkeit schafft Sicherheit und verhindert, dass Gefühle der Hilflosigkeit hochkommen.
  • Versuchen Sie vorsichtig und ohne Druck Vertrauen aufzubauen und Sicherheit zu bieten, so dass das Kind seinen Gefühlen Platz geben kann.
  • Reagieren Sie verständnisvoll, auch wenn das Kind Verhaltensauffälligkeiten zeigt! Begrenzen Sie zerstörerisches Verhalten und vermitteln Sie dem Kind Halt und Sicherheit.
  • Häufige Folgeerscheinungen traumatischer Gewalterfahrungen sind „Dissoziation“, bei der das Kind wie abwesend wirkt, oder „Intrusion“, die das Kind die traumatische Situation in Gedanken immer wieder von neuem erleben lässt. Unterbrechen Sie diese Zustände durch eine klare und ruhige Ansprache, Bewegung und Ablenkung.
  • Konfrontieren Sie niemals vorschnell Eltern oder andere Bezugspersonen des Kindes mit Ihrem Verdacht. Ein*e potenzielle*r Täter*in, der*die dies in Erfahrung bringt, könnte Druck auf das Kind ausüben bzw. vorhandenen Druck noch verstärken.
  • Führen Sie Gespräche mit Bezugspersonen aus dem sozialen Umfeld des Kindes (Lehrer*innen, Elementarpädagogen*pädagoginnen, Horterzieher*innen, Gemeindeärzte*ärztinnen etc.) und bitten Sie diese um Mithilfe, das Kind genauer zu beobachten und dokumentieren Sie Hinweise zeitnah und so wortgetreu wie möglich.
  • Grundprinzip sollte nicht die Delegation von Verantwortung, sondern eine möglichst gut koordinierte Zusammenarbeit sein. Achten Sie jedoch auf Ihre eigenen Grenzen und teilen Sie die Verantwortung auf, um eine sekundäre Traumatisierung zu vermieden.
  • Machen Sie eine Mitteilung an die Kinder- und Jugendhilfe bzw. nehmen Sie mit dem*der zuständigen Pflegschaftsrichter*in Kontakt auf, um die notwendigen Maßnahmen zu besprechen. Klären Sie die Notwendigkeit einer Strafanzeige mit einem Juristen*einer Juristin und organisieren Sie schon vor einer Anzeige eine sogenannte „Prozessbegleitung“ für das Kind.